Mit der Ankündigung seiner ersten Zinserhöhung seit Ende 2018 hat Jerome Powell, der Präsident der US-Notenbank (Fed), am 16. März die seit zwei Jahren währende Nullzinsphase beendet. Mit der lockeren Geldpolitik zur Bekämpfung der Coronakrise ist es vorbei. Angesichts einer Arbeitslosenquote von 3,8 %, die im März voraussichtlich noch sinken wird, steht der US-Arbeitsmarkt kurz vor der Vollbeschäftigung. Auch die Wirtschaft befindet sich in einer sehr guten Lage. Das im vergangenen Jahr mit +5,7 % kräftige Wachstum dürfte laut Fed auch 2022 mit +2,8 % anhalten.
Fed ist zu allen Mitteln bereit
Somit richtet die US-Notenbank ihr Augenmerk nun natürlich auf die Inflation. Bei einem Anstieg der Verbraucherpreise um 8 % in einem Jahr – ein seit den 1970er-Jahren nicht mehr erreichter Wert – hat die Zentralbank auch alle Hände voll damit zu tun, die Teuerung in den Griff zu bekommen. Diesbezüglich hat es Jerome Powell gegenüber der Presse nicht an Klarheit mangeln lassen: Die Fed sei bereit, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang zu nutzen, um zu verhindern, dass sich die Inflation deutlich über ihrem Zielwert von 2 % pro Jahr einnistet – no matter what happens.
Ironischerweise tritt die Fed damit in die Fußstapfen der russischen Zentralbank, die ihre Leitzinsen vor einigen Wochen auf 20 % verdoppelt hatte. Dies ist aber auch die einzige Parallele zur US-Notenbank, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Russland und in den USA unterscheiden sich sehr stark. Wie dem auch sei: Die amerikanischen Währungshüter haben die Wende zu einer restriktiveren Geldpolitik vollzogen und gedenken, diese auch langfristig zu verfolgen. So bereiten sie sich nun darauf vor, die Zinsen 2022 in sieben Schritten anzuheben.
Nach Zinsanstieg folgt Reduzierung der Bilanz der Fed
Die Liquiditätsschleusen schließen sich also allmählich und man darf durchaus davon ausgehen, dass die Fed in den kommenden Monaten neben der allmählichen Anhebung ihrer Leitzinsen auch die Reduzierung ihrer Bilanz angehen wird. Sie wird nach und nach den Ballast an Schuldtiteln abwerfen, die sie gekauft hatte, um während der Gesundheitskrise die extrem günstigen Finanzierungsbedingungen für den amerikanischen Staat und die Unternehmen zu schaffen. Mit diesen Käufen hat die Fed gewiss mehr als ein Unternehmen vor dem sicheren Bankrott gerettet. So bewahrte sie beispielsweise während der Krise 2020 einige Kreuzfahrtunternehmen in letzter Minute vor dem Kentern. Doch die Wertpapierkäufe haben auch den Preisanstieg weiter verstärkt, da diese Maßnahme sowohl für Unternehmen als auch für Privathaushalte einen Anreiz zur Verschuldung bot.
In den USA ist nun also Schluss mit dem kostenlosen Geld. In Europa hält die Zentralbank (EZB) hingegen immer noch sehr günstige Finanzierungsbedingungen aufrecht, indem sie ihre Anleihenkäufe fortsetzt und den Leitzins im negativen Bereich belässt. Doch wie lange wird das noch so bleiben?
Verfasst am 18. März 2022, mit Olivier de Berranger, CIO, LFDE