Fünf Thesen zum Schweizer Geschäftsimmobilienmarkt

17.10.2025 16:08

«Der Schweizer Markt für Geschäftsimmobilien zeigt sich stabil: Zentrale Lagen sind weiterhin gefragt, die Binnenwirtschaft bleibt robust, und Umnutzungen eröffnen neue Chancen.» Robert Kuert, Real Estate Research Analyst Switzerland, Swiss Life Asset Managers, zeigt fünf Thesen auf, welche konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen diesen Markt künftig prägen.

Umnutzungen eröffnen neue Chancen. (Bild pd)
Umnutzungen eröffnen neue Chancen. (Bild pd)






1. Robuster Privatsektor stützt Nachfrage nach Geschäftsflächen

Trotz der volatilen Entwicklung im Aussenhandel zeigt sich die Schweizer Binnenwirtschaft stabil: das Reallohnwachstum und der gestiegene Aussenwert des Frankens stärken die Kaufkraft. Die Verkaufsumsätze sind konstant oder steigen, und die Beschäftigung im Dienstleistungssektor nimmt zu – unterstützt von Zuwanderung und einer überdurchschnittlichen Tourismusentwicklung.

Davon profitieren unmittelbar die Mieter von Verkaufsflächen durch höhere Umsätze, mittelbar steigt aber auch die Nachfrage nach Arbeits- und insbesondere Büroflächen. Gleichzeitig schafft das geldpolitische Umfeld mit tiefen Zinsen und stabilen Immobilienrenditen attraktive Voraussetzungen für Investitionen.

2. Hohe Spreads und stabile Einkommensrenditen

Die anhaltend tiefe Inflation und der stärkere Franken sprechen mittelfristig für ein weiterhin günstiges Zinsumfeld. Gemäss dem Basisszenario von Swiss Life Asset Managers dürften die Renditen 10-jähriger Obligationen der Eidgenossenschaft unter 1 Prozent bleiben, während die mittleren Hypothekarzinsen für Immobilienfonds zwischen 1 und 2 Prozent schwanken. Die daraus resultierenden höheren Spreads gegenüber Immobilienrenditen haben bereits zu Impulsen am Transaktionsmarkt für Geschäftsimmobilien geführt.

Ein Blick zurück zeigt, dass Eigentümer von Bestandsliegenschaften im Geschäftssegment von leicht höheren und stabileren Einkommensrenditen profitierten als im weitaus grösseren Wohnsegment. Über die letzten zehn Jahre lagen sie bei 3,4 Prozent für Verkaufsobjekte und 3,5 Prozent für Büroobjekte, während Wohnliegenschaften lediglich 3,2 Prozent erzielten.

3. Digitalisierung kennt Grenzen

Die prognostizierte vollständige Verlagerung von Büroarbeitsplätzen ins Homeoffice hat sich nicht bewahrheitet. Der «Remote Tracker» der meistbesuchten Jobplattform «Indeed», der Begriffe wie «Remote» oder «Hybrid» in Stellenanzeigen erfasst, deutet darauf hin: Der Trend hat seinen Höhepunkt überschritten.

Die Nachfrage nach Büroflächen bleibt stabil, da die sozialen Kontakte im Arbeitskontext nach wie vor einen hohen Stellenwert haben. In der Schweiz haben namhafte Büroflächenmieter beziehungsweise Arbeitgeber bereits wieder Anwesenheitspflichten eingeführt – mit derzeit maximal zwei Tagen Homeoffice pro Woche.

Der Onlinehandel ersetzt den stationären Handel nur teilweise, denn «Shopping» ist fest im Alltag und in der Freizeit verankert, oft verbunden mit Erlebnissen und sozialem Status. Zudem ist ein grosser Teil des Einzelhandels nicht auf standardisierbare Massenware ausgerichtet. Laut Handelsverband Schweiz und GfK lag der Onlineanteil im Food-Bereich, der fast die Hälfte des Detailhandelsumsatzes ausmacht, 2024 bei lediglich 3,1 Prozent (nach einem Höchstwert von 3,8 Prozent im Jahr 2021). Auch im Non-Food-Bereich stagnierte der E-Commerce-Anteil bei 18,8 Prozent. Die Nachfrage nach stationären Flächen bleibt damit stabil, insbesondere im Food-Segment.

4. Lage und Qualität der Objekte entscheidend

Zentrale Geschäftsviertel und Hauptgeschäftsstrassen schneiden aufgrund ihrer Bekanntheit, besseren Erreichbarkeit und höheren Frequentierung deutlich besser ab als periphere Lagen. Neu- und Wiedervermietungen sind hier einfacher, Leerstände seltener und die Mieten systematisch höher.

5. Umnutzung als Chance bei anspruchsvollen Objekten

Wo die Vermietungssituation einzelner Geschäftsflächen herausfordernd ist, können gezielte Umnutzungen neue Perspektiven schaffen. Angesichts der anhaltenden Wohnungsknappheit liegt eine Umnutzung zu dauerhaftem Wohnen nahe – oder, in Zonen mit eingeschränkter Wohnnutzung, zu bewirtschaftetem Wohnen.

Auswertungen zeigen: Die durchschnittlichen Angebotsmieten für Wohnflächen liegen mehr als 20 Prozent über denen von Büroflächen und bieten somit an sich bereits das Potenzial zu einem Mehrertrag bei Neuvermietung. In Kombination mit der Erwartung, dass der Bedarf an Büroflächen in peripheren Lagen und im Altbestand weiter zurückgeht, gewinnen solche Umnutzungen zunehmend an Relevanz.

Allerdings erfordern sie über die wirtschaftliche Betrachtung hinaus eine sorgfältige Prüfung der baulichen und baurechtlichen Situation.

Fazit

Der Schweizer Geschäftsimmobilienmarkt profitiert von einer robusten Binnenwirtschaft, tiefen Zinsen und einer anhaltenden Nachfrage nach zentral gelegenen Flächen. Trotz Digitalisierung und struktureller Veränderungen sind solche Flächen weiterhin begehrt, insbesondere an Bestlagen. Bei anspruchsvolleren Objekten eröffnen gezielte Umnutzungen zusätzliches Potenzial. Sie können nicht nur zur Wertsteigerung für Eigentümer beitragen, sondern auch zur Entlastung des angespannten Wohnungsmarkts.

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