Wegen den hohen Zöllen auf Elektroautos reagieren Chinas Autobauer. Sie exportieren sehr viel mehr Plug-in-Hybrid-Autos nach Europa und starten hier eine neue Preisoffensive.
Bekanntlich erhebt die Europäische Union (EU) seit Oktober 2024 Zölle von bis zu 45 Prozent auf Elektroautos aus China, weil sie dem Land wettbewerbsverzerrende Subventionen vorwirft. Doch es gibt Schlupflöcher, um hohe Aufschläge für die Einfuhr nach Europa zu vermeiden – und Hersteller wie BYD, MG und Geely haben sie offensichtlich entdeckt.
Eine Möglichkeit, die Zölle zu umgehen, sind – neben dem Aufbau von Produktionskapazitäten in Europa – vor allem Hybridfahrzeuge. Die teilelektrischen Modelle sind nämlich, anders als reine Stromer, vom -Strafzoll ausgenommen. Neue Zahlen des Branchendienstleisters Dataforce zeigen, wie stark chinesische Autobauer dieses Zollschlupfloch schon nutzen und wie rasant der Absatz wächst.
Demnach hat BYD im ersten Halbjahr 2025 bereits gut 20 000 Plug-in-Hybride in der EU zugelassen – eine Steigerung von gut 17 000 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 und mehr als dreimal so viel wie im gesamten Jahr 2024. Auch die britische Traditionsmarke MG, hinter der der staatliche SAIC-Konzern aus Shanghai steht, verkaufte von Januar bis Juni in der EU deutlich mehr Teilstromer als im gesamten Vorjahr.
Ähnlich sieht es bei der Geely-Marke Lynk & Co aus. Rund 4000 Zulassungen für das Plug-in-SUV «Lynk & Co 01» sind in den Datenbanken für die EU in der ersten Jahreshälfte registriert – im gesamten Vorjahr waren es knapp 6000.
Der europäische Markteintritt des ersten reinen Elektroautos der Marke, des «Lynk & Co 02», verläuft dagegen schleppend. Gerade einmal 486 Zulassungen zählt Dataforce in den ersten sechs Monaten.
«Die fehlenden Zölle auf Plug-in-Hybride sind eine Gelegenheit, die mehrere chinesische Hersteller konsequent für sich nutzen», sagt Charles Lester von dem auf Elektromobilität spezialisierten Analysehaus Rho Motion gegenüber dem Handelsblatt.
BYD etwa zahlt auf sein in Deutschland meistverkauftes Elektroauto «Atto 3» derzeit 27 Prozent Zoll – zehn Prozent Basiszoll, plus 17 Prozent Zusatzzoll. Bei einem Startpreis von 37 990 Euro macht das gut 10 000 Euro aus. Zum Vergleich: Für das meistverkaufte Plug-in-Modell «Seal U», das in Deutschland 39 990 Euro kostet, fallen nur 3999 Euro Zoll an.
«Auch wenn chinesische Hersteller mit ihren Fahrzeugen hohe Margen erzielen, schmälern die Strafzölle diese deutlich», sagt Lester. Beatrix Keim, Direktorin des Center Automotive Research in Duisburg ergänzt: «Es war nur eine Frage der Zeit, bis die chinesischen Hersteller nach der Einführung der Sonderzölle ihre Strategie ändern, um ihre Rentabilität in Europa zu steigern.»
Für europäische Hersteller ist diese Entwicklung bedrohlich. So kostet der Plug-in-SUV «MG HS» rund 28 000 Euro. Volkswagens meistverkaufter Plug-in-Hybrid «Tiguan» ist mindestens 12 000 Euro teurer. «Das sind Kampfpreise», warnt Auto-Expertin Keim. Sie sieht Europa gar «am Anfang einer Plug-in-Preisschlacht». Laut Keim kommen die Anbieter aus der Volksrepublik mit ihrer Strategie gleich zwei Zielen näher. «Die chinesischen Hersteller senken die Preise, erhöhen so Markenbekanntheit und Marktanteile, und später können sie die Kunden auf Elektroautos umleiten, wenn nötig.»
Für die Strafzölle auf den Import von Elektroautos aus China hatte die EU einst das grösste Antisubventionsverfahren ihrer Geschichte eingeleitet. Wollte die EU nun auch Zölle auf Plug-in-Hybride einführen, müsste sie dafür erneut ein Verfahren einleiten.
Offiziell wiegelt die Behörde aber ab. Ein Kommissionssprecher teilte lediglich mit, dass man weiterhin «offen für eine Verhandlungslösung» mit den Chinesen sei. Diese müsse allerdings die gleiche Wirkung wie die Strafzölle erzielen und die Marktverzerrung vollständig beheben.