«Private Schuldtitel sind eine attraktive Alternative»

26.09.2025 10:27

«Für Schweizer Anleger, die stabile Erträge, ESG-Konformität und ein Engagement in strategischen europäischen Vermögenswerten und Unternehmen anstreben, eignen sich private Schuldtitel optimal zur Ergänzung eines ausgewogenen Portfolios», sagt Bérénice Arbona, Leiterin des Bereichs Infrastrukturanleihen, bei LBP Asset Management im Interview.

Bérénice Arbona, Leiterin des Bereichs Infrastrukturanleihen, bei LBP Asset Management. (Bild pd)
Bérénice Arbona, Leiterin des Bereichs Infrastrukturanleihen, bei LBP Asset Management. (Bild pd)

Welche Rendite- und Risikoprofile können Anleger heute realistischerweise von Private-Debt-Strategien im Vergleich zu klassischen festverzinslichen Wertpapieren erwarten?

Bérénice Arbona: Private Schuldtitel sind eine attraktive Alternative zu klassischen festverzinslichen Wertpapieren. Insbesondere im derzeitigen Umfeld, das von Marktvolatilität und angespannten Haushaltslagen gekennzeichnet ist. Bei Infrastrukturanleihen bevorzugen wir in der Regel besicherte Transaktionen mit vorhersehbarem Cashflow und starker Absicherung gegen Abwärtsrisiken.

Wenngleich die Renditen je nach Sektor und Region unterschiedlich sind, können Anleger eine Prämie gegenüber liquiden Krediten erwarten. Die Renditen spiegeln dabei die Illiquidität und Komplexität der zugrunde liegenden Projekte wider. Wichtig ist, dass die Risiken durch eine solide Strukturierung, langfristige Verträge und die Art der finanzierten Vermögenswerte – beispielsweise aus den Bereichen Energie, digitale Infrastruktur und Mobilität – gemindert werden.

Warum ist der europäische Mittelstand Ihrer Meinung nach ein so wichtiges Segment für Private Debt?

Kleine und mittlere Unternehmen sind von wesentlicher Bedeutung für den wirtschaftlichen Wandel in Europa. Sie verfügen über das Know-how und die Flexibilität, die erforderlich sind, um eine führende Stellung am globalen Markt einzunehmen. Dazu benötigen sie jedoch die Unterstützung von Finanzpartnern, die ihre Herausforderungen wirklich verstehen, gemeinsam mit ihnen massgeschneiderte Lösungen entwickeln und ihnen langfristig zur Seite stehen.

Private Schuldtitel können hier eine entscheidende Rolle spielen, indem damit strukturelle Projekte oder technologische Investitionen finanziert werden, die die Wettbewerbsfähigkeit in Schlüsselbereichen wie Energiewende, Digitalisierung und Gesundheitswesen stärken.

Wie sollten Schweizer Anleger mit dem Währungsrisiko von Investitionen in europäischen Private-Debt-Fonds umgehen und können Zinsdifferenzen eine zusätzliche Renditequelle darstellen?

Zinsdifferenzen können in der Tat eine zusätzliche Renditequelle sein, insbesondere wenn eine Strategie angewendet wird, die mehrere Währungen einschliesst. Unser Schwerpunkt liegt jedoch nach wie vor auf den Fundamentaldaten und der Qualität der Anlagen. Wir betrachten das Währungs- und das Zinsmanagement als Instrumente zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit des Portfolios und nicht als spekulative Hebel.

Vor allem für Schweizer Anleger sind Absicherungsstrategien wichtig, um vorhersehbare Cashflows sicherzustellen. Gleichzeitig kann die grössere Flexibilität von Strukturen, die auf mehreren Währungen basieren, zusätzliches Wertpotenzial bieten.

Könnten Sie konkrete Beispiele für Projekte oder Unternehmen nennen, die in jüngster Zeit durch private Schuldtitel finanziert wurden, um die Auswirkungen dieser Anlageklasse zu veranschaulichen?

Im Infrastrukturbereich haben wir vor kurzem eine Investition in eine Plattform validiert, die sich der Beschleunigung der Energiewende durch grüne Mobilitätslösungen widmet, sowie die Finanzierung einer neuen Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke in Portugal. Diese Projekte sind beispielhaft dafür, wie Private Debt den strategischen Wandel in Europa direkt unterstützen kann – indem es langfristige Investitionen in wichtige Infrastruktur ermöglicht und gleichzeitig stabile Renditen für Investoren erzielt.

Jede Transaktion ist so strukturiert, dass sie mit den entsprechenden ESG-Zielen übereinstimmt. Bei der Überwachung unserer Investitionen berücksichtigen wir zudem Indikatoren zur Messung ihrer Auswirkungen. Auf der Unternehmensseite sehen wir ähnliche Chancen bei europäischen Mittelständlern. Innovative, agile Firmen, die langfristige Partner brauchen, um international zu expandieren, Lieferketten zu modernisieren oder in die digitale Transformation zu investieren. Private Debt ermöglicht diesen Unternehmen massgeschneiderte Lösungen, die Banken oder öffentliche Märkte oft nicht bieten können.

Viele Schweizer Anleger investieren bereits in Private Equity oder Immobilien. Inwiefern eignet sich Private Debt aus Ihrer Sicht als Ergänzung für ein diversifiziertes Portfolio?

Private Debt ergänzt Private Equity und Immobilien, indem es eine grössere Transparenz der Cashflows, eine geringere Volatilität und einen starken Kapitalerhalt bietet. Bei privaten Schuldtiteln – sowohl im Infrastruktur- als auch im Unternehmensbereich – sind Ausstiegsszenarien keine Voraussetzung für die Erzielung von Renditen, was sie von Private Equity unterscheidet. Im Vergleich zu Immobilien bietet Private Debt die Möglichkeit der Diversifizierung über verschiedene Sektoren hinweg: Von Energie über digitale Infrastruktur bis hin zum Gesundheitswesen. Für Schweizer Anleger, die stabile Erträge, ESG-Konformität und ein Engagement in strategischen europäischen Vermögenswerten und Unternehmen anstreben, eignen sich private Schuldtitel optimal zur Ergänzung eines ausgewogenen Portfolios.

Wie wichtig ist die Integration von ESG-Merkmalen bei der Strukturierung von Private-Debt-Transaktionen, und wie stellen Sie sicher, dass die Ziele messbar sind?

Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei der Strukturierung unserer Investitionen und Kredittransaktionen ist von entscheidender Bedeutung für eine nachhaltige Performance. Jede von uns finanzierte Transaktion ist so strukturiert, dass sie mit den entsprechenden ESG-Zielen übereinstimmt, und bei der Überwachung unserer Investitionen berücksichtigen wir Indikatoren zur Messung ihrer Auswirkungen. So stellen wir sicher, dass mit privaten Schuldtiteln nicht nur wichtige Infrastruktur- und Unternehmensprojekte unterstützt werden, sondern auch ein Beitrag zu den allgemeinen Zielen Europas in Bezug auf Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit geleistet wird.

Private Debt gilt häufig als weniger transparent als die öffentlichen Märkte. Was ist Ihr Ansatz im Hinblick auf Transparenz und Berichterstattung für institutionelle Anleger?

Wir gewährleisten Transparenz durch die Art und Weise, wie wir unsere Transaktionen strukturieren und überwachen. Jede Investition ist auf spezifische ESG-Ziele ausgerichtet und der Überwachungsprozess beinhaltet Indikatoren zur Messung der Auswirkungen. Indem wir eng mit den Managementteams zusammenarbeiten, ihre Herausforderungen verstehen und massgeschneiderte Finanzierungslösungen entwickeln, gewährleisten wir einen kontinuierlichen Dialog. Dadurch erhalten die Anleger klare Informationen sowohl über die finanzielle Performance als auch über den Beitrag ihres Kapitals zu den breiteren Wettbewerbs- und Nachhaltigkeitszielen Europas.

[link]