Im Bereich Structured Credit sind für viele Anleger die speziellen Merkmale und Vorteile von Asset-Backed Securities (ABS) interessant. Peilin Bao, Investment Grade ABS Fondsmanagerin, und Matthew Wardle, Fondsmanager und Head of Investment Grade ABS bei M&G geben im Interview einen Einblick in den Markt.
Viele Anleger befassen sich zunehmend mit ABS. Wie genau funktionieren diese Papiere?
ABS sind Anleihen, die durch einen Pool von Krediten mit ähnlichen Merkmalen aus verschiedenen Bereichen abgesichert sind – sei es für Wohn- und Gewerbeimmobilien, die Finanzierung eines Studiums, den Kauf von Autos oder den Bedarf von Verbrauchern. ABS wurden erstmals vor etwa 30 Jahren in Europa entwickelt und entstehen durch ein als Verbriefung bekanntes Verfahren. Dabei werden illiquide Kredite in handelbare, liquide Wertpapiere umgewandelt. Hierzu kauft ein Verbriefungsfonds Kredite von einer Bank und emittiert dann in Tranchen unterteilte, variabel verzinste ABS. Ziel ist, Anlegern eine Reihe unterschiedlicher Risiko-/Ertragsprofile innerhalb derselben Struktur zu bieten.
Je nach Zahlungspriorität oder Zahlungskaskade erhalten die Anleger von den Kreditnehmern monatliche Rückzahlungen von Kapital und Zinsen. Regelmässige Rückzahlungen begünstigen dabei die Vorhersagbarkeit der Cashflows. Das Bonitätsrisiko von ABS hängt von der Qualität der zugrundeliegenden Assets ab. Allgemein ist das Risiko eines Zahlungsausfalls aufgrund der hohen Anzahl von Kreditnehmern gering.
Diese Wertpapiere haben wegen ihrer Rolle in der Subprime-Hypothekenkrise über längere Zeit für Misstrauen gesorgt. Wie unterscheiden sich ABS aus Europa von denen in den USA?
Die Vorschriften, die europäische Banken bei der Kreditvergabe einhalten müssen, sind wesentlich strenger als die ihrer amerikanischen Pendants. Folglich ist das Risiko eines Kreditausfalls in Europa grundsätzlich geringer. In den USA können Immobilienbesitzer, die ihre Hypothek nicht mehr bezahlen können, den Kreditgebern die Hausschlüssel übergeben, ohne dass Massnahmen gegen den Schuldner ergriffen werden, selbst wenn der Wert der Immobilie unter dem Betrag der ausstehenden Hypothek liegt. Im Gegensatz dazu haben Kreditgeber in Europa vollen Zugriff auf das übrige Vermögen des Kreditnehmers.
Abgesehen vom Verlust des Eigentums können die Auswirkungen weitreichend sein. In den letzten drei Jahrzehnten lag die jährliche gewichtete durchschnittliche Ausfallrate für europäische RMBS (mit Wohnungsbau-Hypotheken besicherte ABS) bei 0,28 Prozent gegenüber 4,74 Prozent in den Vereinigten Staaten.
Während der Finanzkrise von 2007-2009 lag die Rate in Europa bei etwa 2 Prozent, während sie weltweit 11 Prozent betrug. Darüber hinaus wird ein robuster Verbriefungsmarkt als entscheidend für die Stärkung der europaweiten Kapitalmärkte angesehen. Zu den verbrieften Produkten gehören auch Auto-ABS (mit Automobilkrediten unterlegt), Consumer ABS (mit Verbraucherkrediten und Kreditkarten unterlegt), CLOs2 (mit Unternehmenskrediten unterlegt), RMBS3 und CMBS4 (mit Wohn- bzw. Gewerbe-Hypotheken unterlegt) – sie dienen Banken und Nichtbanken gleichermassen zur Diversifizierung der Finanzierungsquellen.
Wie hat sich der europäische ABS-Markt in jüngster Zeit entwickelt?
Das Volumen dieses enormen Anlageuniversums wird auf 541 Milliarden Euro geschätzt. Die Neuemissionen beliefen sich 2024 auf 143 Milliarden Euro, was einen deutlichen Anstieg gegenüber den Vorjahren bedeutet. Unserer Meinung nach signalisiert dies den Beginn eines mittelfristigen Trends am Primärmarkt. Da sich die europäischen Banken nicht mehr auf die von den Zentralbanken praktizierte lockere Geldpolitik verlassen können, um sich kostengünstig zu refinanzieren, verlagern sie ihren Schwerpunkt zunehmend auf Anlageinstrumente wie ABS.
Die Marktliquidität sollte sich aufgrund des reichlichen Angebots verbessern. Das Anlageuniversum dürfte zudem vielfältiger werden, sowohl aus Sicht der Emittenten als auch in regionaler Hinsicht. Vor diesem Hintergrund wird das Wachstum des europäischen Marktes voraussichtlich mehr Investoren anziehen. Darüber hinaus ermöglicht das Wachstum M&G und anderen in diesem Bereich erfahrenen Investmenthäusern, immer stärker diversifizierte und selektive Portfolios aufzubauen.
Welche Vorteile bieten ABS «Made in Europe» im Hinblick auf die Asset-Allokation?
Diese Instrumente sind aus mehreren Gründen eine wirksame Diversifizierungsquelle. Sie ermöglichen ein Engagement in einer breiten Palette von defensiven Basiswerten. Dank der monatlichen Kreditrückzahlungen können ABS im Laufe der Zeit, ihr Bonitäts-Rating verbessern. Diese Wertpapiere sind weniger schwankungsanfällig und weisen eine niedrige Korrelation mit anderen Anlageklassen auf, da sie hauptsächlich Risiken auf Ebene der einzelnen Verbraucher ausgesetzt sind. Und da es sich um variabel verzinsliche Darlehen handelt, bleibt die Rendite meist unabhängig von Leitzinsänderungen erhalten.
Trotz dieser Merkmale sind die Renditen von ABS deutlich höher als die von Unternehmens- und Staatsanleihen mit vergleichbarem Rating. Aus unserer Sicht ist dies auf regulatorische und technische Faktoren zurückzuführen und nicht auf das Bonitätsrisiko von ABS. Bei ansonsten gleichbleibenden Bedingungen dürfte das kombinierte Wachstum von Angebot und Nachfrage die relative Bewertung der Anlagegattung stabilisieren. Die Möglichkeit der Diversifizierung durch ABS im Rahmen der Asset-Allokation und ihr defensives Profil machen sie aus unserer Sicht zu einer attraktiven Anlagemöglichkeit. Ausserdem halten wir sie für das derzeitige Umfeld grosser Unsicherheit für geeignet.
Wie hat sich M&G auf ABS spezialisiert?
Seit mehr als 25 Jahren investiert M&G aktiv in Verbriefungen und verwaltet konzernweit in dem Bereich ein Volumen von rund 19 Milliarden Euro, davon 8,3 Milliarden Euro in entsprechenden Spezialfonds. Wir verfügen über eines der grössten Structured Credit-Teams in Europa, das aus 40 erfahrenen Fachleuten besteht, die sich in allen Aspekten der Verbriefung bewährt haben und die Anlageportfolios proaktiv verwalten. M&G hat für ABS eine eigene ESG-Rating-Scorecard entwickelt. Diese evaluiert drei Aspekte der Verbriefung, nämlich Transaktionen, Assets und Gegenparteien. Darüber hinaus ist M&G in der Lage die zurechenbaren CO2-Emissionen seines Anlagepools zu messen.
In jüngster Zeit hat M&G den Zugang zu ABS durch den M&G Investment Grade ABS Fund erweitert. Was können Sie uns dazu sagen?
Dieser spezielle Fonds soll vom schnell wachsenden europäischen Verbriefungsmarkt profitieren, wobei der Schwerpunkt auf hochwertigen, defensiven Instrumenten liegt. Der Investmentprozess wird durch die bereits bestehenden Strategien von M&G in Investment Grade ABS unterstützt, die ein Volumen von 2,5 Milliarden Euro aufweisen. Der Fonds ist gemäss Artikel 8 der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) mit einem durchschnittlichen Rating von AA eingestuft und bietet tägliche Liquidität. Damit wollen wir die Anforderungen eines breiteren Kundenstamms erfüllen – sowohl für beratene und diskretionäre Portfolios mit bisher geringem ABS-Engagement als auch für institutionelle Anleger, die ABS als Alternative zu anderen verzinslichen Anlagen betrachten.