Doppeltes Tempo bei der Reduzierung der Netto-Wertpapierkäufe, drei vom Gouverneursrat erwartete Zinsanhebungen 2022 und ebenso viele 2023, Vorrang für die Bekämpfung der Inflation gegenüber der Vollbeschäftigung um jeden Preis: Die US-Notenbank (Fed) ist auf ihrer letzten geldpolitischen Sitzung unbestreitbar auf einen restriktiveren Kurs eingeschwenkt. Dies kommt wenig überraschend, wurde der Weg doch im Voraus klar abgesteckt. Dennoch handelt es sich hierbei um eine wichtige Kehrtwende. Sie gibt einen Vorgeschmack darauf, dass sich die Unterstützung der Zentralbanken für Wirtschaft und Märkte abschwächen wird – zumal die Fed in diesem Fall nicht alleine ist.
Auch wenn ein weiterer Aufschub erwartet wurde, kündigte die Bank of England eine erste Anhebung ihres Leitzinses an. Sie hatte hierauf in November verzichtet, als alle Beobachter mit einer Ankündigung gerechnet hatten. Zur Bekämpfung der mittlerweile sehr hohen Inflation hoben zahlreiche Zentralbanken großer Schwellenländer – beispielsweise Brasilien, Mexiko und Russland – in den vergangenen Monaten die Zinssätze bereits deutlich an. Selbst die Zentralbanken mit der lockersten Geldpolitik drehen allmählich den Geldhahn zu. So verkündeten die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan das baldige Ende ihrer Wertpapierkaufprogramme, die sie im Frühjahr 2020 aufgelegt hatten. Einzig die chinesische Zentralbank, die mit Entschlossenheit die Schwachstellen der heimischen Wirtschaft behebt, fällt hierbei aus der Reihe.
Dieses zweifelsohne restriktive Umfeld ist jedoch nicht gleichbedeutend mit dem jähen Ende der geldpolitischen Unterstützung. Belegt wird dies beispielsweise durch die Bilanzen der Fed und der EZB, die mittlerweile ein Volumen von insgesamt mehr als 18 Billionen Dollar haben, also fast das Doppelte der Summe von Anfang 2020. Auch wenn die Erhöhung dieser Bilanzen mit dem Auslaufen der Wertpapierkaufprogramme schrittweise beendet wird, wird die Wiederanlage der fällig gewordenen Wertpapiere eine massive Liquiditätsstütze bleiben, solange die Verringerung ihres Volumens noch nicht eingeläutet wurde. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung der vergangenen Jahre, dass die Zentralbanken flexibel vorgehen werden, falls der solide aktuelle Wachstumstrend außer Tritt geraten sollte.
Dennoch wird diese restriktive Kehrtwende für die Märkte für Risikoanlagen nicht folgenlos bleiben. Eine Phase mit Zinsanhebungen ist für die Aktienmärkte statistisch betrachtet nicht negativ, sofern die Entwicklung schrittweise erfolgt und der zeitliche Ablauf klar ist. Die Sitzung der Fed trug zur Berechenbarkeit der Märkte auf dem Weg zur geldpolitischen Straffung bei. Das Risiko einer neuerlichen überraschenden Beschleunigung des zeitlichen Ablaufs der Inflationsbekämpfung ist jedoch noch nicht ausgeräumt. Gewiss ist hingegen, dass ein ausgeprägter geldpolitischer Straffungskurs für die Erwartungen der Anleger hinsichtlich der Bewertungen nicht neutral sein wird. Nach zwei Jahren, in denen die Märkte häufig wider jegliche Vernunft bei den Kursen durch massive Geldströme befeuert wurden, dürfte dieses neue geldpolitische Umfeld den Begriffen Qualität, angemessene Bewertung, gesunde Bilanz und Pricing Power zu neuer Geltung verhelfen.
Redaktionsschluss: 17.12.2021 Enguerrand Artaz, Fund Manager, Olivier de Berranger, CIO