«Wenn die Märkte verrückt spielen: Drei unbequeme Wahrheiten»

27.06.2025 09:56

«Alle vier Jahre stürzt der Aktienmarkt um 20 Prozent ab, fast jedes Jahr um 10 Prozent. Trotzdem vergessen wir das immer wieder. Selbst als erfahrener Anleger fragt man sich: Bringt mir diese Statistik wirklich etwas, wenn mein Portfolio an Wert verliert?», schreibt Duncan Lamont, Head of Strategic Research bei Schroders.

Duncan Lamont, Head of Strategic Research bei Schroders über den Umgang mit Rückschlägen an den Aktienmärkten. (Bild pd)
Duncan Lamont, Head of Strategic Research bei Schroders über den Umgang mit Rückschlägen an den Aktienmärkten. (Bild pd)

In den letzten fünf Jahren haben sich die Aktienmärkte weltweit mehr als verdoppelt. Wer stattdessen auf Nummer sicher ging und sein Geld auf dem Sparkonto parkte, bekam lediglich 14 Prozent Zuwachs. Konkret: Aus 10 000 Dollar wurden 20 700 Dollar an der Börse – in Cash nur 11 400 Dollar.

Trotzdem ist es laut Lamont «ausserordentlich schwer, bei Crashs ruhig zu bleiben». Objektiv und emotional distanziert zu sein, während die Kurse abstürzen? Das schaffe fast niemand. Aber genau hier helfen Daten dem Bauchgefühl zu widerstehen.

Abstürze gehören zum Geschäft

In 30 Jahren gab es Einbrüche von mindestens zehn Prozent. Die grossen Crashs von 20 Prozent und mehr? Geschehen alle vier Jahre – insgesamt 13-mal in 53 Jahren. Allein im letzten Jahrzehnt: 2015, 2016, 2018, 2020, 2022, 2023. Falls es dieses Jahr wieder kracht, wären es vier Mal in acht Jahren. Trotzdem: Langfristig entwickelten sich die Märkte sehr positiv.

Die grössten Börsenverluste (MSCI World in US Dollar)



Beinahe 100 Jahre US-Börsendaten zeigen: Wer nur einen Monat investiert, schlägt die Inflation in 60 Prozent der Fälle. Bargeld schafft das genauso oft – kein Vorteil für Aktien. Aber je länger man investiert bleibt, desto besser wird es: Nach einem Jahr gewinnen Aktien in 70 Prozent aller Fälle gegen die Inflation. Nach fünf Jahren: 80 Prozent. Nach zehn Jahren: fast 90 Prozent. Und hier kommt für Lamont das entscheidende Argument: «In keinem einzigen 20-Jahres-Zeitraum haben Aktien gegen die Inflation verloren.»

Bargeld hingegen verliert seit 2011 kontinuierlich gegen die Teuerung. Die letzte Fünf-Jahres-Periode, in der Cash die Inflation schlug, war 2006 bis 2011.

US-Aktien, Bargeld und die Inflation



Hoher Preis

Wenn der VIX-Index durch die Decke geht, bekommen Anleger kalte Füsse. Der Volatilitäts-Barometer steht aktuell bei 45, normalerweise liegt er bei 19. Wer bei hoher Volatilität panisch verkauft, zahlt gemäss Schroders einen hohen Preis. Berechnungen zeigten: Eine Strategie, bei der bei einem VIX von mehr als 33 aus Aktien geflüchtet und in Bargeld investiert wird, bringt nur 7 Prozent Rendite pro Jahr. Wer konsequent in Aktien bleibt, macht 9,7 Prozent pro Jahr. Das sind 2,7 Prozentpunkte Renditeunterschied – Jahr für Jahr.

Geopolitische Spannungen, Handelskriege, Inflation – die Liste der Horrorszenarien werde nie kürzer. Es gebe immer einen Grund zur Sorge. Aber wer sich davon leiten lässt, zahle einen hohen Preis. Die Geschichte zeige: Aktien schlagen Anleihen, Anleihen schlagen Bargeld. «Das ist kein Zufall, sondern folgt einem System. Wer langfristig denkt und sich nicht von jeder Schreckensmeldung aus der Ruhe bringen lässt, wird belohnt», erläutert Lamont.

Geduld zahlt sich aus

Die historischen Datenreihen sind eindeutig: «Wer reflexartig auf Krisen reagiert, verpasst oft die besten Chancen. Ja, die Welt wird nicht friedlicher. Ja, die Unsicherheiten nehmen zu. Aber für langfristig denkende Anleger gilt nach wie vor: Ruhe bewahren, am Plan festhalten – und Volatilität als Chance sehen, nicht als Bedrohung. Das klingt einfach, ist aber schwer umzusetzen. Besonders wenn sich das Portfolio im Sinkflug befindet. Aber die Daten zeigen es deutlich: Geduld zahlt sich aus», so das Fazit.

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