«Der Mix aus neuen Zöllen, Einsparungsandrohungen im US-Gesundheitsmarkt und personelle Veränderungen bei den Aufsichtsbehörden haben die Investoren verunsichert», schreibt Michael Kalenberg, Vertriebsleiter des RH&P Global Life Sciences Fonds. Dabei gebe es viele positive Nachrichten aus der Branche.
Der Life-Sciences Sektor startete mit Schwung ins Jahr. Die Kurse stiegen zu Beginn des Jahres durchschnittlich um 10 Prozent. Erste M&A Aktivitäten durch grosse Pharmaunternehmen wie Novartis und AstraZeneca anfangs Jahr zeigten den Druck auf, ihre rückläufigen Pipelines durch Akquisitionen zu füllen.
Die US-Politik unter Präsident Trump hat darauffolgend die Märkte ordentlich durchgeschüttelt. Die Wiedereinführung von Zöllen durch die US-Regierung belastete das Konsumentenvertrauen und führte zu steigenden Inflationserwartungen. Unsicherheiten in Bezug auf die Gesundheitspolitik und potenziell höhere Medikamentenpreise wirkten sich ebenfalls negativ auf die Branche aus. Die anfänglichen Kursgewinne wurden somit wieder preisgegeben.
Bei den Unternehmen sorgte vor allem eine sehr positive Nachricht für Aufsehen: Johnson & Johnson kündigte die Übernahme von Intra-Cellular Therapies (eine Position im Portfolio) an. Die Aktie stieg um 23 Prozent, seit anfangs des Jahres sogar um 56,5 Prozent. Positive Kursentwicklungen gab es auch bei anderen Fondspositionen.
Corcept Therapeutics meldete eine erfolgreiche Phase-3-Studie. Das Medikament Relacorilant in Kombination mit einer Chemotherapie zeigte in einer späten klinischen Studie bei Patientinnen mit Eierstockkrebs eine 30%ige Reduktion des Krankheitsfortschritts-Risikos im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie.
Alnylam Pharmaceuticals bekam die FDA-Zulassung für Amvuttra, das erste RNAi-Therapeutikum, das sowohl neurologisch wie auch kardiale Erkrankungen behandelt. BeOne (früher BeiGene) vermeldete im 1. Quartal 2025 einen Umsatzanstieg um 48 Prozent, was vor allem auf das erfolgreiche Krebsmedikament Brukinsa zurückzuführen war.
Moderna präsentierte vielversprechende Ergebnisse für seinen kombinierten mRNA-Impfstoff gegen Grippe und Covid, was das Vertrauen in mRNA-Plattformen stärkte und Regeneron erhielt eine erweiterte FDA-Zulassung für Eylea HD zur Behandlung von diabetischem Makulaödem.
Insgesamt gilt der Pharma- und Biotechmarkt in volatileren Marktphasen als stabiler Sektor. Ausnahmsweise gab es in den letzten Monaten aber grössere Schwankungen. Der Mix aus neuen Zöllen, Einsparungsandrohungen im US-Gesundheitsmarkt und personelle Veränderungen bei den Aufsichtsbehörden haben die Investoren laut Kalenberg verunsichert.
«Wir sehen viel Potenzial im Sektor. Die Bewertung ist weiterhin auf sehr interessantem Niveau. Auch die Zölle sollten keine zu grossen Auswirkungen auf die Biotechnologieunternehmen haben, da die Unternehmungen schwergewichtig den US-Markt bedienen. Die grossen Pharmaunternehmen weisen einen grossen Bedarf an Innovation aus, die Produktepipelines müssen dringendst aufgebessert werden. So gehen wir davon aus, dass die M&A Aktivitäten wieder deutlich zunehmen, sobald mehr Klarheit in der Trump-Politik vorherrscht. Der Markt wächst, getrieben durch Innovation, KI, personalisierte Medizin, neuartige Therapie-Ansätze, einem zunehmenden Durchschnittsalter und grösserem Wohlstand der globalen Bevölkerung», erläutert der Fondsmanager.
Kommentar vom Vertreter des wissenschaftlichen Beirats Dr. Andreas Weiler: «Das erste Quartal 2025 markiert einen bemerkenswerten Wendepunkt in den Zulassungsmustern der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA, mit der niedrigsten Anzahl neuer Medikamentenzulassungen seit vier Jahren, aber gleichzeitig den höchsten kommerziellen Erwartungen. Dies deutet auf eine mögliche Konsolidierung der Branche hin zu weniger, aber wertvolleren Therapeutika. Suzetrigine zum Beispiel (Vertex) ist ein neuartiges Analgetikum zur Behandlung von moderaten bis starken Schmerzen, dem ein Umsatz von 1 bis 2 Milliarden US-Dollar zugetraut wird.» Dieser Trend werde wichtige Auswirkungen auf die Arzneimittelentwicklungsstrategien, regulatorische Ansätze und letztendlich die Patientenversorgung in den kommenden drei bis vier Jahren haben.
Trotz anspruchsvollem Umfeld falle auf, dass im 1. Quartal 2025 einige kleinere Firmen im Portfolio wie Alkermes, Alnylam, ArgenX, BeiGene, Corcept, Exelixis, Halozyme, Natera, und Neurocrine durch starke operative Ergebnisse, Umsatzwachstum, Prognoseanhebungen und wichtige Produktzulassungen die Märkte positiv überrascht haben.
«Im Gegensatz hierzu haben einige finanziell sehr solide Unternehmen wie Biogen, Bruker, Genmab, Illumina und Mettler Toledo aufgrund von befürchteten Zusatzkosten durch Zölle, China-Risiken und eine schwache Nachfrage in der Forschung grössere Kursschwankungen erfahren.»