Aktuell scheine das Potenzial für weitere kurzfristige Kursgewinne bei Aktien eher begrenzt zu sein. «Unserer Ansicht nach wäre eine erneute Volatilität eine Gelegenheit, in Aktienmärkte zu investieren», schreibt Jean-Louis Delhay, CIO, Crédit Mutuel Asset Management.
Die wichtigsten Aktienindizes haben sich seit dem Schock des «Befreiungstages» Anfang April deutlich erholt: Der Stoxx Europe 600 legte um 16 Prozent und der S&P 500 stieg umgerechnet in Euro um 23 Prozent. In Europa wurde die Rallye laut Delhay durch die Ergebnisse bestimmter Sektoren wie Luftfahrt, Schienenverkehr, Banken, Versicherungen, Telekommunikation, Versorger und durch die Verbesserung des wirtschaftlichen und finanziellen Umfelds wie die Zinssenkungen durch die EZB oder die Erwartung fiskalischer Impulse in Deutschland beflügelt. Weitere positive Faktoren seien die Hoffnung auf eine Konfliktlösung in der Ukraine sowie Aktienrückkäufe und hohe Dividenden.
In den USA wird der Markt weiterhin von den «Magnificent 7» (Apple, Nvidia, Microsoft, Alphabet, Meta, Tesla, Amazon) und der weiterhin sehr hohen Nachfrage im Bereich KI und Cloud getrieben. Dies stütze das Gewinnwachstum, welches mit 11 Prozent für den S&P 500 im Jahr 2025 erwartet werde.
Auf geo- und handelspolitischer Ebene trage das im Sommer unterzeichnete EU-US- Abkommen dazu bei, die Transparenz zu erhöhen und 30 prozentige Strafzölle auf europäische Exporte zu vermeiden. Welche Auswirkungen das auf Wachstum und Inflation in den nächsten Quartalen haben könnte, müsse jedoch aufmerksam beobachten werden.
Vor diesem Hintergrund scheine das Potenzial für weitere kurzfristige Kursgewinne bei Aktien eher begrenzt zu sein. «Unserer Ansicht nach wäre eine erneute Volatilität eine Gelegenheit, in Aktienmärkte zu investieren», schreibt der CIO. Das makroökonomische Umfeld sei nach wie vor günstig für risikoreiche Anlagen. Der fallende US-Dollar und die sinkenden Energiepreise hätten zusammen mit Haushalts- und Steuererhöhungen positive Auswirkungen auf den Konjunkturzyklus.
Das Gewinnwachstum sei in den USA derzeit robuster, werde jedoch durch eine «Trump-Risikoprämie» ausgeglichen. Ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine würde das Wachstum in der Eurozone ebenfalls stärken. Nicht zuletzt stütze die erwartete «Kehrtwende» der FED die Aktienmärkte erheblich, auch wenn diese Erwartungen in den kommenden Monaten durch einen möglichen erneuten Anstieg der US-Inflation unter Druck geraten könnten.
An den Anleihemärkten haben diese Prognosen mit zwei Zinssenkungen bis zum Jahresende zu einem Rückgang der kurz- und langfristigen Zinsen in den USA geführt. Dennoch bestehe in den USA aufgrund des Handelskriegs weiterhin ein Inflationsrisiko. Das zusätzliche Abwärtspotenzial der US-Zinsen sei daher begrenzt. «Deshalb bevorzugen wir eine Positionierung in Zinsen der Eurozone – mit begrenztem Inflationsrisiko. Die EZB hat nach ihrer Zinssenkung von 4 auf 2 Prozent eine Pause eingelegt. Wir halten die von den Märkten erwartete längere Pause für angemessen», heisst bei Crédit Mutuel Asset Management.
Auf der Kreditseite seien die Bewertungen von Investment-Grade- und High-Yield- Anleihen nach einer Phase technischer Kompression im Sommer nun im Vergleich zum historischen Durchschnitt hoch. Der Carry sei hingegen weiterhin attraktiv und biete Schutz.
«Insgesamt nehmen wir nach der jüngsten guten Performance eine neutralere Haltung gegenüber unserem Aktienexposure ein. In einem für risikoreiche Anlagen nach wie vor günstigen wirtschaftlichen Umfeld werden wir etwaige Marktkorrekturen nutzen, um unser Aktienexposure zu erhöhen. Bei Anleihen bevorzugen wir die Duration von Euro-Zinsen und behalten unser Exposure gegenüber Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen bei, bleiben dabei jedoch vorsichtig. Zur Diversifizierung bleiben wir weiterhin optimistisch in Bezug auf Gold. Seine Performance korreliert nicht mit der von risikoreichen Anlagen und dürfte von dem anhaltenden Rückgang der Realzinsen in den USA profitieren», so das Fazit.