Die Anziehungskraft des Logistikmarktes ist hinlänglich bekannt. «Das Wachstum der Mieteinnahmen hat sich zwar abgeschwächt, aber der Markt bietet nach wie vor überzeugende langfristige Renditen», schreiben Kim Politzer, Head of Research, European Real Estate, Maarten Frouws, Portfolio Manager European Real Estate und Nina Flitman, Senior Investment Writer bei Fidelity.
Der technologische Fortschritt hat die Gestaltung und den Betrieb von Lagern revolutioniert: KI-Systeme, Karussells und Roboterarme steigern die Effizienz. In den meisten Lagern sei jedoch die konsequenteste Ergänzung ein Poster, das beschreibt, wie das mietende Unternehmen seine Netto-Null-Ziele erreichen will. Obwohl es sich um kleine Massnahmen handelt, signalisiere sie «einen dramatischen Wandel in der Branche».
Da Nachhaltigkeit für Unternehmen immer wichtiger werde, rücke der Kohlenstoff-Fussabdruck ihrer Immobilien natürlich in den Vordergrund. Die Sicherstellung, dass ihre Gebäude zukunftssicher sind, um die anstehenden ESG-Vorschriften zu erfüllen, gehört laut Fidelity jetzt zu den wichtigsten Überlegungen für jeden Lagerhausmieter.
Die Nutzer von Logistikimmobilien holen in puncto Nachhaltigkeit schnell gegenüber anderen Immobilienkunden auf. Bis 2023 haben 90 Prozent der befragten Mieter Netto-Null-Ziele, und 64 Prozent wollen diese bis 2030 erreichen. Nur 12 Prozent haben überhaupt keine Netto-Null-Ziele. Für viele Logistikunternehmen machen Transport und Immobilien einen grossen Teil ihres CO2-Fussabdrucks aus, weshalb die Minimierung der Umweltauswirkungen der von ihnen genutzten Flächen besonders wichtig ist.
Die Konzentration auf Netto-Null-Lager bedeutet, dass viele europäische Standorte modernisiert werden müssen, um nicht zu veralten. Aber nicht nur in Sachen Nachhaltigkeit hat der europäische Logistikmarkt zu kämpfen. In Europa herrscht Lagermangel: 1,1 Quadratmeter pro Haushalt gegenüber 8,3 Quadratmetern in den USA.
Die Erteilung von Genehmigungen sei nach wie vor eine Herausforderung, da es Bedenken wegen Lärm und Verkehr in der Nähe von Wohngebieten gibt. Da eine solche Infrastruktur nicht immer die gleiche Anzahl von Arbeitsplätzen schafft wie ein neuer Einzelhandels- oder Büropark, kann die Zonierung von Standorten in der Nähe von Wohngebieten für Planer schwierig sein.
Umgekehrt können Anlageneigentümer versuchen, Störungen zu vermeiden, indem sie Standorte am Rande von Stadtgebieten oder knapp ausserhalb der Stadtgrenzen errichten. Diese Standorte eignen sich zwar hervorragend für den Zugang zu den Verkehrsnetzen, doch kann es aufgrund mangelnder Kapazitäten zu Verzögerungen beim Anschluss an das Stromnetz kommen. Viele Lagerhäuser sind nicht mehr die einfachen, riesigen Hallen, in denen einfach nur Waren gestapelt werden: Die immer beliebter werdenden automatisierten Lagersysteme und KI-gestützten Roboterarme bedeuten, dass die Energieanforderungen für diese Standorte immer komplexer werden. Die Überlastung der Netze erschwert die Netzanbindung.
All dies wird laut Fidelity in den kommenden Jahren die Anforderungen an ein wünschenswertes Lagerhaus für Mieter radikal verändern. Die Nutzer wollen Gebäude, die so eingerichtet sind, dass sie netto null und so effizient wie möglich arbeiten, um Betriebskosten zu sparen und ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Und die Mieter suchen nicht nur nach Einrichtungen, die für automatisierte Prozesse geeignet sind - die Decken sind hoch genug und die Böden stark genug, um die benötigten Grossgeräte aufzunehmen -, sondern sie sind auch zunehmend daran interessiert, vor Ort Energie zu erzeugen, zum Beispiel durch Sonnenkollektoren oder Windturbinen, um die Energiemenge zu reduzieren, die aus dem Netz bezogen werden muss.
Da es nicht möglich sei, in einer Region, die so wenig Platz hat wie Westeuropa, all diese zweckmässigen Einrichtungen an völlig neuen Standorten zu errichten, sei ein Programm zur Modernisierung der bereits vorhandenen Lagerhäuser unerlässlich.
Das begrenzte Angebot an solchen idealen Logistikobjekten in Europa werde wahrscheinlich dazu beitragen, dass sich ein Trend fortsetzt, der dieses Segment des Immobilienmarktes in den letzten Jahren dominiert hat: Der Leerstand in der Logistikbranche, der sich bereits auf einem Rekordtief befindet, wird weiter sinken.
Seit der Pandemie und der Dominanz von Onshoring- und Reshoring-Trends in den Lieferketten hat der Mangel an verfügbarem Lagerraum die Mietrenditen immer weiter in die Höhe getrieben. Auch wenn die Konjunkturabschwächung die neue Nachfrage laut den Experten leicht abgeschwächt haben mag, lagen die jährlichen Mietwachstumsraten in der ersten Hälfte des Jahres 2024 immer noch bei rund 5 Prozent.
Dieses Mietwachstum und die gebotenen Renditen haben dazu geführt, dass Investoren in den letzten Jahren in Scharen in die Logistikbranche strömten, was dazu beigetragen hat, dass Lagerhallen zu den Anlagetypen gehören, die sich als Gewinner des zweigeteilten Schicksals des Immobilienmarktes erwiesen haben.
«Die Verschiebung der Nachfrage hin zu effizienteren und nachhaltigeren Logistikanlagen wird in den kommenden Jahren zu einem Mangel an geeigneten Gebäuden führen. Die Umwandlung von braunen in grüne Gebäude bietet einen kontinuierlichen Wertzuwachs und Mietsteigerungen», so das Fazit bei Fidelity.