Während die Berichtssaison für das erste Quartal 2022 in vollem Gange ist, stehen die Ergebnis-Veröffentlichungen der amerikanischen IT-Giganten Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft (GAFAM) sinnbildlich für die Schwierigkeiten, in denen die Weltwirtschaft steckt. Der Krieg in der Ukraine, Lohnsteigerungen, Beschaffungsprobleme, stärkere Regulierung, der Anstieg der Energiepreise – jede dieser Hürden hat unmittelbar ein oder mehrere Unternehmen dieses bedeutenden Quintetts beeinträchtigt.
Die Leiden der fünf Tech-Giganten
Google, der Riese der Online-Werbung, hat durch die Aussetzung seiner Werbedienste in Russland direkt unter dem Ukraine-Konflikt gelitten. Doch auch der europäische Markt insgesamt belastet seine Werbeeinnahmen. Denn in Zeiten von Unsicherheit sind die Budgets für Marketing und Werbung stets die erste Variable, die zur Senkung der Kosten angepasst wird.
Apple, das Unternehmen aus Cupertino, übertraf mit seinem Umsatz die Erwartungen, korrigierte aber auch seine Ziele für das zweite Quartal, was zwei Hauptgründe hat. Der erste hängt mit dem Reich der Mitte zusammen, das zurzeit mit einer Infektionswelle konfrontiert ist, die die „Null-Covid“-Politik an ihre Grenzen bringt. So lassen die Abriegelung der Städte Shenzhen – das chinesische Silicon Valley – und Shanghai, welche mit Chaos im Schiffsverkehr zu kämpfen hat, für die kommenden Monate nichts Gutes bei Produktion und Transport erahnen. Auch für Apple bringt die Entscheidung der Abkopplung vom russischen Markt einen wirtschaftlichen Nachteil, der auch künftig bleiben wird.
Facebook, jüngst umbenannt in Meta, gelang es zwar, wieder an das Wachstum seiner Nutzerzahlen anzuknüpfen, enttäuschte jedoch mit seinen Ergebnissen. Ein weiterer Akteur, der unter der Schwächung des europäischen Werbemarktes leidet. In diesem Quartal hat Meta in erster Linie mit den neuen Regeln von Apple zum Schutz der Daten seiner Benutzer zu kämpfen, da die Werbung hierdurch weniger zielgerichtet und damit weniger effizient wird. Für das Jahr 2022 rechnet die Gruppe damit, dass ihr dadurch die geringe Summe von 10 Milliarden US-Dollar an Einnahmen entgehen wird. Wenngleich diese neuen Bestimmungen nicht von einer staatlichen Instanz stammen, erkennen wir das Risiko, das sie für Unternehmen dieser Größe darstellen.
Amazon befindet sich im Würgegriff von Lohnsteigerungen und dem Anstieg der Transportkosten. Für das das erste Quartal hat das Unternehmen folglich Verluste ausgewiesen. Diese hängen zwar weitgehend mit einer Fehlinvestition in Rivian, dem „Tesla der Lieferwagen“, zusammen, aber auch die Vertriebstätigkeit bei Amazon steht unter Druck und zwingt das Unternehmen, seine Prognosen für 2022 nach unten zu korrigieren.
Microsoft, der letzte Buchstabe in der Abkürzung GAFAM, aber zweifellos auf Platz eins bei der Qualität seiner Ergebnisse im ersten Quartal, profitiert weiter von dem für seine Cloud-Plattform Azure vorteilhaften Trend der Digitalisierung. LinkedIn verbucht dank eines angespannten Arbeitsmarktes ein Umsatzplus von 34 Prozent. Zudem verzeichnet Surface, die Sparte für IT-Hardware, ein Wachstum von 11 Prozent.
Makroökonomisches Umfeld als weiterer Krisenherd
Nicht nur auf der mikroökonomischen Ebene haben die fünf Marktteilnehmer bereits Schwierigkeiten. Auch das makroökonomische Umfeld gestaltet sich in diesen bewegten Zeiten nicht zu ihren Gunsten. Der Aufwärtstrend der Zinsen übt automatisch Druck auf die Attraktivität ihrer Bewertungen aus. Der Kursrückgang dieser Unternehmen seit Jahresbeginn entspricht etwa dem Doppelten des Rückgangs des S&P 500. Doch ihr Erfolg beruht auf Innovation und Wachstum, und Bereiche wie Cloud, Metaverse und innovative Hardware bieten zahlreiche Möglichkeiten, um die Tech-Giganten wieder auf Kurs zu bringen. Werden sie sich also im Einklang mit der Weltwirtschaft erholen?
29. April 2022, von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE