Während der Wirtschaftsaufschwung jenseits des Atlantiks mit jedem Monat deutlicher zutage tritt, zieht der Preisdruck auf niedrigem Niveau an. Doch wie lange bleibt das so?
Automobilindustrie mit Produktionsengpässen
Ein Beispiel, das die Wirkmechanismen gut veranschaulicht, ist der Automobilmarkt. Die Wiedereröffnung der US-Wirtschaft geht mit einer Belebung des Konsums einher, der die Preise am Automobilmarkt – und insbesondere bei Gebrauchtwagen – antreibt. Denn der Engpass bei Halbleitern bremst das Produktionstempo der Hersteller, die die Nachfrage nach Neuwagen nicht mehr bedienen können. Dies bringt Privatkunden und Autovermieter an den Gebrauchtwagenmarkt. Wachsende Nachfrage, angespannte Angebotslage, logistische Schwierigkeiten: Dieses inflationäre Dreigestirn zeigt sich auch an anderen Märkten.
Starker Anstieg der Rohstoffpreise belastet auch Güterverkehr
Am Markt für Güterkraftverkehr ist die Lage ebenfalls angespannt. Gestützt durch einen Wachstumsschub, aber auch belastet durch steigende Ölpreise und eine nach jahrelangen Unterinvestitionen zu kleine Flotte, schießen die Frachtkosten in die Höhe. Während beispielsweise der Preis für einen Container zwischen Shanghai und Los Angeles vor der Krise bei rund 1.500 Dollar lag, kostet er nun mehr als 5.000 Dollar.
Steigende Preise sind auch bei fast allen Rohstoffen zu beobachten. Die Zeit, in der Öl zu einem negativen Preis gehandelt wurde, scheint lange vorbei und liegt dennoch nur knapp mehr als ein Jahr zurück. Ein Barrel Öl wird in New York derzeit mit rund 65 Dollar gehandelt – ein Anstieg von mehr als 30 % seit Jahresbeginn. Bei Agrarrohstoffen oder Industriemetallen verhält es sich ähnlich, und nahezu überall sind seit Jahresbeginn Anstiege im hohen zweistelligen Prozentbereich zu verzeichnen.
Preisdruck auch bei Zwischenerzeugnissen wie Halbleitern
Preisdruck gibt es auch bei einigen Zwischenerzeugnissen, also Produkten, die bereits weiterverarbeitet, aber noch nicht fertiggestellt wurden. Auch hier löste die jähe Unterbrechung der Produktionsketten im vergangenen Jahr reihenweise Lieferverzögerungen aus – und in einer globalisierten Wirtschaft sind diese Spannungen von Dauer. Alle Produkte, die mit Halbleitern ausgerüstet sind, sind von Verzögerungen bei der Produktion und sogar Preisanstiegen betroffen.
Immobilienmarkt: Inflationssignale häufen sich
Im Immobilienbereich, der wichtigsten Säule für die Berechnung der PCE-Inflation, die von der Fed am genauesten beobachtet wird, häufen sich zudem die Warnzeichen. Offenkundig stützen die Liquiditätsspritzen der Fed die Nachfrage. Aber auch der Wunsch nach „immer mehr und immer größer“ im Zuge der Gesundheitskrise heizt die Nachfrage an. Ebenso unterstützend wirkt ein struktureller Trend, den wir in allen Industrieländern beobachten: das Phänomen des Nestbaus. Aufgrund der steigenden Anzahl getrennter Paare nimmt auch die Zahl getrennter Haushalte zu, wodurch sich die Nachfrage nach Wohnimmobilien erhöht. Aufgrund der nötigen Vorlaufzeit für den Bau einer Vielzahl neuer Wohnungen ist das Angebot jedoch strukturell bedingt weniger reaktiv.
Vom Comeback der Inflation profitieren
Anleger mit einem Engagement in Anlageklassen, die auf steigende Preise empfindlich reagieren, könnten vom Comeback der Inflation profitieren. Aktien von Unternehmen mit starker Preissetzungsmacht oder, die von der Entwicklung der Rohstoffpreise beeinflusst werden, inflationsgebundene Anleihen und Immobilien sind Anlageklassen, die Schutz gegen die Inflation bieten.
Mit Olivier de Berranger und Clément Inbona