Die Handelsvereinbarung mit den USA wird Japans Wirtschaft weiter stärken. Auch deshalb ist Neuberger Berman für japanische Aktien optimistisch gestimmt. Die jüngsten politischen Entwicklungen und die höheren Staatsanleiherenditen würden nichts an dieser Einschätzung ändern, erklärt der US-Vermögensverwalter.
Vergangene Woche verständigten sich die USA und Japan auf eine für das Inselreich überraschend günstige Handelsvereinbarung. «Ein grosser Unsicherheitsfaktor fällt weg, was der Wirtschaft nur guttun kann. Auch deshalb sind japanische Aktien fast wieder auf ein Rekordhoch gestiegen», hält der US-Asset Manager Neuberger Berman fest.
Mit 15 Prozent liegt der Basiszoll für US-Importe aus Japan jetzt zwar über den 10 Prozent während der Verhandlungsphase, aber unter den von Trump angedrohten 25 Prozent. Das führte zu einer gewissen Erleichterung. Auch für die japanische Automobilindustrie gelten 'nur' 15 Prozent.
Der Autosektor ist eine wichtige Säule der japanischen Wirtschaft und hat den grössten Anteil am Handelsbilanzüberschuss mit den USA von zurzeit 63 Mrd. US-Dollar. Auf Importquoten wird verzichtet.
An den Märkten schätzt man die neue Klarheit, führt Neuberger Berman aus. Aber nach den Wahlen vom 20. Juli herrscht in Japan politische Unsicherheit. Die Regierungskoalition unter Premier Ishiba hat die Mehrheit im Oberhaus verloren.
Das war die dritte grosse Wahlniederlage nach dem Verlust der Mehrheit im Unterhaus im Oktober 2024 und zuletzt auch noch im Tokioter Regionalparlament. Aus Ishibas eigener Partei wurden Rufe nach einem Rücktritt laut, aber der Premier will an seinem Amt festhalten.
Dennoch wird zunehmend über einen Wechsel des Premierministers und eine Koalition mit einer der aufstrebenden Oppositionsparteien spekuliert. Weil sie eine expansivere Fiskalpolitik und Steuersenkungen verlangen, legten die japanischen Staatsanleiherenditen weiter zu.
Wie Neuberger Berman schon letzten Monat schrieb, haben die Langfristrenditen dieses Jahr in keinem anderen Industrieland so stark zugelegt wie in Japan – auch weil Anleger wieder mehr auf die Staatsfinanzen achten.
Auch das US-Finanzhaus meint, dass man die politischen Entwicklungen und steigenden Staatsanleiherenditen nicht ignorieren dürfe. Aber das ändere nichts an der positiven Langfristeinschätzung des Vermögensverwalters für das Land. Schon vor dem Abschluss der Handelsvereinbarung mit den USA am 22. Juli sei man in japanischen Aktien übergewichtet gewesen.
Das Wahlergebnis sei aus mehreren Gründen nicht überraschend – man denke etwa an den unprofessionellen Umgang der Regierung mit der Inflation und eine Reihe von Skandalen. Man glaube auch, dass ein Wechsel an der Spitze nichts am nachhaltigen Wirtschaftswachstum und der mittelfristigen Entwicklung ändern würde. Er könnte sogar für frischen Wind und neue Ideen sorgen und der Wirtschaft nützen.
Neuberger Berman bleibt aus vielen Gründen für Japan optimistisch: Zunächst einmal wächst Japans Wirtschaft wieder stärker, und die Inflation stabilisiert sich etwas über dem 2Prozent-Ziel der Notenbank. Sie sei Wir hoch genug, damit Umsätze und Gewinne der Unternehmen weiter steigen würden.
Die niedrige Arbeitslosigkeit und die jüngsten Lohnerhöhungen infolge von Arbeitskräftemangel führten dazu, dass die Gen Z und die Millennials mehr Geld ausgeben würden. Ausserdem habe die Yen-Aufwertung in den letzten zwölf Monaten den Inflationsimport eingedämmt.
«Dank der Corporate-Governance- und Kapitalmarktreformen der letzten Jahre achten japanische Unternehmen immer mehr auf den Shareholder Value. Sie horten weniger Kasse, bauen Überkreuzbeteiligungen ab und investieren immer mehr in das eigene Wachstum. Wir glauben, dass dies den Gewinnen je Aktie mittel- bis langfristig nützt», führen die US-Beobacher ein weiteres Argument ins Feld.
Und dann sei da noch ein dritter Punkt: «Trotz des vielleicht stärkeren Wachstums, Aktienrückkäufen in Rekordhöhe und weiteren aktionärsfreundlichen Unternehmensreformen sind japanische Aktien in vielen Portfolios noch immer unterrepräsentiert, zugleich aber überdurchschnittlich attraktiv.»
So beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis des MSCI Japan Index (auf Erwartungsbasis) zurzeit 15,2, gegenüber 19,0 beim MSCI ACWI und 22,4 beim S&P 500.