«Wieso Übergangsbrennstoffe wichtig sind»

10.02.2025 11:16

Raj Shant, Managing Director bei Jennison Associates schreibt über einen «Umdenkprozess beim Thema Energiewende und erläutert, dass ein grösseres Universum mehr Chancen bedeutet.»

Raj Shant, Managing Director bei Jennison Associates. (Bild pd)
Raj Shant, Managing Director bei Jennison Associates. (Bild pd)

Netto-Null ist inzwischen ein allgegenwärtiges Thema in der Investmentwelt, das überall von Anlegern verlangt, ihr Engagement in aktuellen Energiepraktiken neu zu bewerten. In der Folge wurden fossile Brennstoffe als Anlage zunehmend infrage gestellt und werden von allen, die ausschliesslich in klimaneutrale Energien, zum Beispiel erneuerbare, investieren wollen, gemieden.

Doch dieser Ansatz könnte, auch wenn er gut gemeint ist, zu eng gefasst sein, meint Raj Shant, Managing Director bei Jennison Associates. «Für eine sauberere, nachhaltigere Zukunft sollten Anleger pragmatisch sein, wenn es darum geht, wie Fortschritte erzielt werden und welche potenziell unangenehmen Kompromisse kurzfristig notwendig sein könnten.»

Shant, der zum Managementteam des PGIM Jennison Carbon Solutions Equity Fund gehört, erklärt, warum die Anlage in fossilen Brennstoffen nicht unbedingt eine binäre Entscheidung ist.

Dabei verweist er auf die rein praktischen Gesichtspunkte, die noch gelöst werden müssen, damit diese Energiewende ein Erfolg wird. Er vergleicht die Dekarbonisierung mit einem brennenden Gebäude, bei dem man annimmt, dass das Problem gelöst ist, weil es Wasser gibt – allerdings muss das Wasser zuerst in ausreichender Menge zum Brandherd gebracht werden, wenn man das Feuer löschen will.

Wichtige Übergangslösung in der Versorgungskette für fossile Brennstoffe

Quelle: The impact of decarbonization on the gas and LNG industry, McKinsey & Company, Juni 2021. Gramm CO2-Äquivalent je Megajoule. Die Werte zur Vorverbrennung sind Schätzungen auf Basis der gewichteten durchschnittlichen Treibhausgasemissionen. Auf Basis von Studien zu Natur und Nachhaltigkeit sowie Studien der britischen Regierung und des US-Energieministeriums.

Die Rolle der Übergangsbrennstoffe

In diesem Zusammenhang ist er der Auffassung, dass CO2-ärmere fossile Brennstoffe, beispielsweise Erdgas, als «Übergangsbrennstoffe» betrachtet werden sollten. Sie können helfen, weitaus CO2-intensivere Brennstoffe wie die Kohle bei der Stromerzeugung zu ersetzen. Zudem bieten sie aktuell Anlagegelegenheiten für Portfolios und sind weiterhin am grösseren Energiewendeprozess beteiligt. «Deswegen nennen wir unseren Fonds Carbon Solutions, im Plural», erklärt er. «Damit die Welt Fortschritte macht, müssen wir bei jedem Schritt auf diesem Weg fragen, wie wir mit CO2-ärmeren fossilen Brennstoffen das gesetzte Ziel erreichen können.»

Obwohl Erdgas immer noch ein nicht erneuerbarer Brennstoff ist, ist es weit umweltfreundlicher als Kohle, der am meisten genutzte Brennstoff zur Energieerzeugung. Anlagen in Erdgas sind vielleicht keine Ideallösung, aber aus Sicht von Shant ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn der Übergang von Kohle zu Erdgas, der in den letzten 20 Jahren in den USA und Europa stattgefunden hat, Idealisten und Puristen vielleicht nicht gefällt, markiert er doch einen grossen Fortschritt im Zusammenhang mit dem Weg zu Netto-Null, ein Umstand, den Shant betont und der aus seiner Sicht nicht bekannt genug ist.

«Wenn wir von Kohle zu Erdgas übergehen, würden wir einen grossen Schritt nach vorne machen», erläutert Shant. «Ausserdem müssen wir das Ganze global betrachten, denn in Indien und China werden immer noch Kohlekraftwerke gebaut, weil man sich nicht sicher ist, dass nach dem Übergang ausreichend Erdgas geliefert wird.»

Gegen Vorstellungen ankämpfen

Auf die Frage, welche Bedenken gegenüber einem Fonds geäussert werden könnten, der «Carbon Solutions» im Namen hat und in Erdgas anlegt, meint Shant, dass Anleger natürlich negativ reagieren können. Aus seiner Sicht sollten Anleger jedoch anerkennen, dass dies als Übergangslösung notwendig ist, um Fortschritte bei der Reduzierung der CO2-Emissionen zu ermöglichen, während gleichzeitig der Anteil der klimaneutralen Brennstoffe am globalen Energiemix weiter erhöht wird.

«In Wirklichkeit besteht das Ziel nicht nur darin, zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu gelangen, sondern zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, ohne dabei grössere Einbussen beim Lebensstandard in Kauf nehmen zu müssen. Das ist ohne Übergangsbrennstoffe nicht möglich.»

«Manche wohlmeinenden und leidenschaftlichen Menschen, die sich gut mit den Risiken des Klimawandels auskennen, sind gegen alles, was mit fossilen Brennstoffen zu tun hat», erläutert er. «Aus Anleger- und geschäftlicher Sicht wäre es viel einfacher, mit dem Strom zu schwimmen und all die Übergangsbrennstoffe zu übergehen. Aber das können wir guten Gewissens nicht tun, wenn uns doch bekannt ist, dass die Emissionen in einem unglaublichen Ausmass sinken würden, wenn die Welt morgen auf Kohle verzichten und ganz auf Erdgas umstellen würde.»

Quelle: Jennison. Die in diesem Dokument geäusserten Ansichten stellen ausschliesslich die Meinungen der Anlagespezialisten von Jennison zu dem Zeitpunkt dar, als die Äusserungen getätigt wurden. Sie spiegeln möglicherweise nicht die derzeitige Meinung dieser Mitarbeiter wider, können sich ohne vorherige Ankündigung ändern und sind nicht als Anlageberatung zu betrachten. Nur zur Veranschaulichung; Chancen können sich über mehrere Säulen erstrecken.

Ersatzlösung

Da eine Komplettüberholung der bisherigen Energiesysteme eine komplexe Aufgabe ist, muss eine Ersatzlösung her. Die Komplexität ist laut Shant vor allem auf die unregelmässige Verfügbarkeit und den Umfang zurückzuführen. Das bedeutet zum einen, dass die Erzeugung erneuerbarer Energien vom Wetter abhängt, das von Natur aus wechselhaft ist. Und zum anderen bestehen überall in den globalen Energielieferketten Herausforderungen allein schon wegen des Umfangs dieser Aufgabe.

Beim Ausbau erneuerbarer Energien werden Jahr für Jahr neue Rekorde aufgestellt, aber selbst das reicht nicht aus, um mit dem weltweiten Wachstum der Energie-Gesamtnachfrage Schritt zu halten. Darüber hinaus setzt eine umfassende Energiewende nach Meinung des Managing Director einen radikalen Wandel der gesamten erforderlichen Infrastruktur voraus: «Es wäre schön, wenn wir nur mit den Fingern schnippen müssten, um in die magische Endphase zu kommen. Und wir lernen jedes Jahr, wie wir noch effizienter werden, die Kosten senken und Abfall reduzieren. Das ist natürlich toll, aber immer noch zu wenig, um den globalen Energiebedarf zu bedienen, und reicht nicht einmal dafür, den jährlichen Anstieg des globalen Energiebedarfs auszugleichen.»










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