«Wie institutionelles Kapital die Dekarbonisierung vorantreiben kann»

30.06.2025 11:14

«Mit dem Übergang in die nächste Phase der globalen Dekarbonisierung überdenken institutionelle Investoren ihre Strategien. Anstatt emissionsintensive Sektoren zu meiden, investieren viele nun in deren Transformation – um Klimaziele voranzubringen und langfristigen Wert freizusetzen», schreibt Alexandra Christiansen, Portfoliomanagerin von Nordeas Global Climate Transition Engagement Strategie.

Alexandra Christiansen, Portfoliomanagerin von Nordeas Global Climate Transition Engagement Strategie. (Bild pd)
Alexandra Christiansen, Portfoliomanagerin von Nordeas Global Climate Transition Engagement Strategie. (Bild pd)

Zement, Stahl, Versorgungsunternehmen und die Abfallwirtschaft: Diese Branchen gehörten zu den grössten Verursachern globaler Emissionen, sind aber zugleich essenziell für moderne Volkswirtschaften. Eine Desinvestition mag laut der Expertin zwar als einfacher Weg erscheinen, um die Portfoliobilanz zu verbessern, spiegle jedoch nicht die wirtschaftliche Realität wider – und behindere womöglich notwendige Fortschritte bei der Emissionsreduktion in der Realwirtschaft. Stattdessen verfolgten Investoren zunehmend einen anderen Ansatz: Sie unterstützen sogenannte «Improver» – also Unternehmen mit glaubwürdigen Plänen und der Fähigkeit, werthaltige Dekarbonisierung umzusetzen.

Diese Strategie zeigt gemäss Christiansen bereits Wirkung. Die Nordea Global Climate Transition Engagement Strategie, die gezielt in «Improver» investiert, erzielte im vergangenen Jahr reale Einsparungen von 24 Tonnen CO₂ pro investierter Million Euro – über das Zwölffache des Reduktionswerts des MSCI ACWI Index. In den letzten drei Jahren sank die CO₂-Intensität des Fonds um 16 Prozent, während der MSCI ACWI lediglich einen Rückgang von 1,6 Prozent verzeichnete. Gleichzeitig konnte der Fonds auch bei den Renditen gegenüber Peers überzeugen.

Warum in emissionsintensive Sektoren investieren?

Die Schwerindustrie und Versorgungsunternehmen gehören zu den grössten CO2-Emittenten. Zement allein ist für etwa 7 Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Stahl, der für alles von Infrastruktur bis hin zu erneuerbaren Energien unerlässlich ist, ist ein weiterer emissionsstarker Sektor. Versorgungsunternehmen spielen unterdessen eine Schlüsselrolle bei der Beschleunigung der Energiewende durch den Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien und die Modernisierung der Stromnetze.

Wer aus diesen Branchen aussteige, verliere nicht nur die Chance, aktiv an Übergangsstrategien mitzuwirken – sondern verzichte auch auf potenziell attraktive Renditen durch werthaltige Dekarbonisierungspfade. Active Ownership hingegen eröffne die Möglichkeit, mit Unternehmen in den Dialog zu treten – und das in einer Zeit, in der die Politik und das Marktumfeld Anreize zur Dekarbonisierung schaffen. Beispielsweise stammt der Grossteil der Zementemissionen aus der Klinkerproduktion, über die Hälfte davon aus chemischen Prozessen, die durch den Einsatz erneuerbarer Energien allein nicht behoben werden kann. Es brauche also systemischen Wandel.

Dekarbonisierung kann die Bewertung verbessern

Die Dekarbonisierungsstrategie eines Unternehmens kann laut der Expertin seine Bewertung erheblich beeinflussen. Analysen zeigten, dass Unternehmen – etwa aus der Zementindustrie – ohne Massnahmen erheblichen Wert vernichten, gleichzeitig aber durch glaubwürdige Dekarbonisierungsstrategien signifikantes Potenzial für zukünftige Cashflows heben können.

Auch die Abfallwirtschaft biete Chancen: Investitionen in Projekte zur Umwandlung von Deponiegas in erneuerbares Erdgas senken nicht nur Emissionen, sondern steigern auch den Ertrag. US-Versorger wiederum verzeichneten zunehmendes Gewinnwachstum durch den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien.

«Active Ownership zeigt Wirkung»

«Engagement-basierte Strategien zeigen zunehmend messbare Wirkung – sowohl bei der Reduktion realer Emissionen als auch bei der Erzielung von Überrenditen, da der Markt glaubwürdige Transformationspfade belohnt. Emissionsintensive Sektoren dauerhaft zu meiden, ist keine tragfähige Strategie mehr. Vielmehr setzen Anleger auf langfristige, durchdachte Ansätze – mit dem Ziel, nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsvorteile zu fördern. Die Debatte hat sich weiterentwickelt: Kundinnen und Kunden verlangen heute mehr als Ausschlusskriterien – sie erwarten reale Wirkung», so das Fazit.

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