Der jüngste Ausverkauf von US-Staatsanleihen und dem US-Dollar hat bei Anlegern Sorgen über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle von Präsident Trump ausgelöst. Mike Riddell, Portfoliomanager des Fidelity Strategic Bond Fund, untersucht die wichtigsten Treiber dieser Entwicklungen und die längerfristigen Auswirkungen der US-Handelspolitik auf die Renditen.
«Wir haben über zehn Jahre lang erlebt, dass globale Investoren zunehmend in den USA investierten. Der US-Dollar steig seit 2013 von seinem schwächsten Niveau in der jüngeren Geschichte bis Januar 2025 zum teuersten Stand, auf handelsgewichteter Basis seit 1986», schreibt der Experte. Das Narrativ der «US-Exzeptionalität» dominierte das Geschehen, mit der Folge, dass Portfolios stark auf die USA ausgerichtet waren - unter anderem wegen des dynamischen US-Wirtschaftswachstums und der hohen Renditen.
Seit Ende Januar 2025 mehren sich die Anzeichen eines zyklischen Abschwungs in den USA. Infolge der vom Markt zusätzlich erwarteten Zinssenkungen führte dies zunächst zu steigenden US-Staatsanleihen und zu einem schwächeren US-Dollar. Seit Anfang März sind die langfristigen US-Staatsanleiherenditen dann stark gestiegen. «So waren die langfristigen realen Renditen nur zur US-Regionalbankenkrise im März 2023 und im Oktober 2008 bedeutend höher als jetzt. Darüber hinaus muss man bis in die 1990er Jahre zurückgehen. Dies ist besorgniserregend, wenn Risiko-Assets unter Druck geraten», erläutert Riddell.
Bei der Analyse sei es leichter zu sagen, welche Gründe nicht zu diesem Sell-Off geführt haben. Dazu zählen die geänderten Inflationserwartungen. Während die Märkte einen Anstieg des US-Verbraucherpreisindex auf 4 Prozent in diesem Jahr wegen der Zollankündigungen eingepreist hatten, bedeutet die 90-tägige Verzögerung zusammen mit einem Einbruch der Ölpreise, dass die kurzfristigen Inflationserwartungen wieder in Richtung 3 Prozent gefallen sind. Die vom Markt implizierten mittel- bis langfristigen Inflationserwartungen sind auf die niedrigsten Niveaus seit Mitte 2020 gesunken.
Ebenso scheine der Sell-Off nicht durch den Abbau des Basishandels verursacht worden zu sein. Gut dokumentierten Schätzungen zufolge haben Hedgefonds Geschäfte im Volumen von bis zu 1 Billion US-Dollar getätigt, um die bei US-Staatsanleihen etwas höheren Zinssätze gegenüber den impliziten Zinssätzen der zugrunde liegenden US-Staatsanleihe-Futures zu arbitrieren.
Der entscheidende Punkt ist laut dem Experten jedoch, dass diese Investoren nicht netto in US-Staatsanleihen investiert sind. Wenn sie ihre Positionen in US-Staatsanleihen verkaufen, kaufen sie die Treasury-Futures zurück. Das bedeute nicht, dass der Abbau der Basishandelsgeschäfte keine Dysfunktion verursachen könne. Wenn alle US-Staatsanleihen auf einmal verkaufen, wird es wahrscheinlich zu Verwerfungen zwischen einzelnen Anleihen auf der US-Treasury-Kurve kommen, und die Liquidität würde bei einzelnen US-Staatsanleihen stark beeinträchtigt. Aber das scheine nicht zu passieren. «Wenn es der Fall wäre, würden wir einige auffällige Bewegungen bei den Repo-Sätzen sehen.»
Es ist für den Experten schwierig genau zu erkennen, wer US-Staatsanleihen verkauft. Es gebe viele Spekulation darüber, dass China beteiligt sein könnte, jedoch keine stichhaltigen Beweise. Ebenfalls diskutiert wird Japan. Wenn jedoch inländische japanische Investoren auf japanische Staatsanleihen umsteigen würden, dann müssten diese einen enormen Aufschwung erleben, was nicht erkennbar sei.
Die erhebliche Euro-Rallye und der Rückgang der Renditen deutscher Staatsanleihen, deute hingegen darauf hin, dass einige dieser Bewegungen von europäischen Investoren stammen könnten. «Nachdem einige Investoren Anfang dieses Jahres Bunds wegen der Ankündigungen der deutschen Kreditaufnahmepläne verlassen haben, möchten nun einige offenbar Gelder wieder nach Europa zurückbringen», folgert der Portfoliomanager.
In geringerem Masse könnten auch einige Schwellenländer zur Schwäche von US-Staatsanleihen beigetragen haben. Schwellenländer-Währungen stehen unter mässigem Druck, was einige Länder dazu veranlasst hat, ihre Reserven zu verkaufen, um eine unkontrollierte Abwertung zu verhindern.
Langfristig sollte man in Bezug auf die US-Handelspolitik gemäss Riddell die Rolle des US-Verbrauchers berücksichtigen, der viele Jahre lang indirekt dazu beigetragen hat, die Renditen von US-Staatsanleihen niedrig zu halten. Ein Aspekt der anhaltenden «globalen Ungleichgewichte» und US-Handelsdefizite ist, dass der US-Verbraucher ausländische Waren gekauft und US-Dollar ins Ausland geschickt hat. Diese US-Dollar werden dann wieder in die US-Wirtschaft zurückgeführt, einschliesslich des Kaufs von US-Staatsanleihen durch das Ausland.
«Wenn die US-Handelspolitik Erfolg hat, Handelsdefizite zu reduzieren oder gar zu beseitigen, wird es weniger ausländische Investitionen in US-Staatsanleihen geben. Dies bedeutet, dass die USA grosse Schwierigkeiten haben werden, ihre Politik des defizitgetriebenen Wachstums aufrechtzuerhalten, ohne weiterhin Verwerfungen auf dem US-Staatsanleihenmarkt zu verursachen», so das Fazit.